Neue Modellrechnung (und Rückblick auf die letzte)
* Abhängig von Verlauf der nächsten 3-6 Wochen zeigt das Modell einen Peak im Sep oder Okt oder Nov
* BA.5 scheint deutlich mehr ITS- und Hospitalisierungs-Belastung zu erzeugen – nicht gut für Herbstwelle!
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Das zentrale Szenario hat sich zur letzten Modellrechnung vom 3.7. kaum verschoben. Im optimistischen bzw. im pessimistischen Szenario verschiebt sich der Herbst-Peak jeweils um 3-4 Wochen nach vorne oder nach hinten. Dann scheint Sättigung vorerst erreicht.

Wie das Modell bei der Berechnung dieses Verlaufs "denkt" habe ich hier versucht zu beschreiben: https://twitter.com/dpaessler/status/1549798026495000579
Ob das auch so richtig ist werden wir natürlich alle erst in 6-10 Wochen wissen. Modellierer-Alltag.
Damit ich die tatsächliche Entwicklung auf ITS und bei den Hospitalisierungen nachstellen kann, muss ich für BA.5 erheblich höhere Quoten verwenden (z.B. +50% für ITS). Da mein Modell die Dunkelziffern einrechnet würde ich daraus schließen, dass BA.5 deutlich mehr krank macht.

Als Folge ergibt sich daraus, dass wir – wenn wir im Herbst tatsächlich eine RKI-Meldung von Inz=2000 als Peak gemeldet bekommen würden – erhebliche Belastungen in den Krankenhäuser sehen werden.
In meinem Modell ergibt sich ITS-Welle ähnlich der Delta-Welle im November. Für die Hospitalisierungen liegen die Spitzenwerte off-the-charts und ich schneide die Spitzenwerte in der Grafik bewusst weg, weil mir die nicht plausibel erscheinen. Aber hohe Werte werden wohl kommen.
Rückblick: Wie schon erwähnt hat sich seit der Modellrechnung vom 3.7. der Verlauf der Inzidenz nicht großartig verändert, für die Inzidenz wäre keine neue Modellrechnung nötig gewesen. Aber Krankenhausbelastung ist inzwischen klar höher als bei BA.1/2.

Eine mögliche höhere Pathogenität von BA.5 passt aus meiner Beobachtung auch zu den Schilderungen der Verläufe von COVID-Erkrankungen in den letzten 6 Wochen aus dem eigenen Umfeld, die scheinen schwerer zu verlaufen.
Diese Grafik aus dem Modell zeigt die Hospitalisierungen nach Alter im Vergleich der RKI Zahlen (blau) und der im Modell berechneten Zahlen (orange) mit Fortschreibung.

Hier die gleiche Darstellung für die ITS-Belegung, der Vergleich der DIVI-Zahlen und der Modellwerte. Damit das Modell die DIVI-Zahlen nachstellen konnte musste ich die ITS-Quote um 50% hochsetzen.

Deutlich zu sehen ist, dass das Modell die ITS-Belegung für Altersgruppen unter 30 seit Juni auch nach der o.g. Korrektur immer noch unterschätzt: die sind wohl mit BA.5 kränker als mit BA.1/2 (zusätzlich Faktor 2-4 zu den o.g. +50%). Oder….

… Oder die andere Erklärung wäre: Mein Modell berechnet in dieser Altersgruppe die Dunkelziffer sehr falsch und hat damit die falschen Zahlen für die "echten" Fallzahlen, die dann in die ITS-Belegung eingehen.
PS: Hier ist eine erste Studie aus Dänemark, die auf eine deutlich erhöhte Pathogenität von BA.5 hindeutet, in ähnlicher Größenordnung wie oben in meinem Modell hergeleitet.
Originally tweeted by Dirk Paessler (@dpaessler) on July 22, 2022.
Krankenstand und Situation in den ZNAs
Ich habe hier mal die Daten für den Krankenstand (von @DieTechniker, @BKKDV und mein Modell) mit den Daten für Personalausfall an den ZNAs (@DieDgina) in eine Grafik gezeichnet. Mit Omikron liegen diese Kurven alle recht genau übereinander, der Ausblick in den Herbst ist übel.

Hier ist ein Update meiner Modellrechnung für den Krankenstand. Wenn im Herbst die vom Modell erwartete Welle kommt, steigt der Krankstand nochmal heftig an.

Die Grafik zeigt, dass sich bei einem Eskalieren der Fallzahlen im September, wie sie meine Modellrechnung aktuell erwartet, der Krankenstand in Bereiche über 7% steigern könnte. Ist das dann der Bereich in dem es in den KRITIS knarzt?
Die gute Nachricht: Um den Verlauf des Personalausfalls in den ZNAs mit dem Krankenstand-Modell anzunähern im Juli war es *nicht* nötig für BA.5 eine erhöhte Quote für Krankentage zu verwenden (für ITS/Hospitalisierungen liegt Quote +50% höher).
In der Grafik stelle ich die Krankenstanddaten des @BKKDV um 0,5 Prozentpunkte abgesenkt dar, dann liegen Modell und beide Daten-Quellen praktisch aufeinander. Vereinfachung ist zulässig, uns geht es hier ja um eine qualitative Betrachtung des weiteren Verlaufs des Krankenstands.
Um diese Modellrechnung nun mit der Realität abzugleichen brauchen wir die aktualisierten Krankenstands-Daten der @DieTechniker und des @BKKDV für den späten Juni oder noch besser Juli.
PS: Diese Krankenstands-Berechnung verwendet das “zentrale Szenario” aus meinem o.g. Modell vom 22.7.
Originally tweeted by Dirk Paessler (@dpaessler) on July 23, 2022.