Das Wort “zoomen” hat sich in Windeseile zu einem Verb entwickelt und die Leute bei der Firma “Zoom” freuen sich sicher ein Loch in den Bauch, dass sich ihr Firmenname zum Generic Name der Videokonferenzen entwickelt.
Wir werden virusbedingt in den nächsten 1-3 Jahren noch viel Zeit an unseren Video-Konferenz-Arbeitsplätzen verbringen, egal ob mit Zoom, Teams, Skype oder Hangouts. Für viele wird das ein fester Bestandteil der Arbeit werden.
Es ist also Zeit sich damit zu beschäftigen, wie man solche Konferenzen besser macht und wie man besser dabei aussieht.
Teil 1: Internetverbindung
Bevor wir zu den eigentlichen Tips für Videokonferenzen kommen noch das eigentlich Offensichtliche: Videokonferenzen brauchen eine stabile und schnelle Internetverbindung – was aber bei vielen privaten Heimnetzen z.B. durch ungünstige Platzierung des Routers oder des PCs nicht gegeben ist.
Der wohl einfachste Trick um ein schlechtes WLAN zu Hause zu umgehen ist ein langes Ethernet-Kabel (20 Meter kosten €9), mit dem man den PC oder das Tablett während der Videokonferenz direkt mit der Fritzbox verbindet, dann ist die Qualität des WLANs egal. Wenn das Gerät keinen Ethernet-Anschluss hat (iPad), kann man einen USB-Adapter dranstecken (ab €20 bei Amazon oder als Edelvariante für €50).
Teil 2: Ton
Auch wenn es hier um Video-Konferenzen geht, müssen wir erstmal über den Ton sprechen.
Tip 1: Kopfhörer. Immer!
Dialoge in Videokonferenzen gelingen in der Regel viel besser, wenn alle Teilnehmer einen Kopfhörer verwenden – insbesondere bei mehr als zwei Teilnehmern (außer man hat es mit einer sehr disziplinierten oder video-konferenz-erfahrenen Gruppe zu tun, die sowieso alle ständig ihr Mikro “muten”). Dabei ist es egal ob es sich um In-Ears, Airpods, oder Mickey-Maus-Ohren-Kopfhörer handelt. (Ausführlicher Test hochwertiger Kopfhörer zum Zoomen auf Spiegel.de)
Das Problem: Videokonferenz-Programme sind zwar inzwischen ganz gut geworden darin, den Ton, der aus dem Lautsprecher kommt (der von den anderen Teilnehmern) zu trennen von dem, was Du sagst (um dann nur Deinen Ton an die anderen zu übertragen). Aber gerade wenn zwei oder mehr Personen im schnellen Wechsel sprechen (oder gar gleichzeitig) gibt es Echos oder Worte werden nicht übertragen.
Wenn alle einen Kopfhörer haben ist dieses Problem komplett behoben und es spricht sich für alle viel flüssiger.
Tip 2: Ruhe. Aufnahme!
Mach den anderen Teilnehmern eine Freude und sorge für eine ruhige Umgebung und vermeide ständige Störungen. Manchmal erzeugt auch nur die Luft beim Ausatmen Windgeräusche in Deinem Mikrofon oder das Tippen auf Deiner Tastatur beim Notizen-machen klappert bei allen Teilnehmern aus dem Lautsprecher. Das alles stört alle anderen Teilnehmer ungemein.
Schalte Dein Mikro immer ab, wenn Du nichts zu sagen hast. Die anderen Teilnehmer werden Dir dankbar sein. Zur Not kann der Gastgeber einer Zoom-Konferenz mit der Tastenkombination ⌘Cmd+Ctrl+M (Mac) oder Alt+M (PC) alle Mikrofone auf einmal ausschalten.
Übrigens: Wenn Dein Mikrofon “gemutet” ist, kannst Du bei Zoom beim Sprechen auf die Leertaste drücken um das Mikro kurz zu aktivieren (wie die Sprechtaste beim Walkie-Talkie).
Tip 3: Investiere in ein gutes Mikrofon
Die eingebauten Mikrofone von Laptops und Tablets liefern oft nur miese Tonqualität und sind oft auch zu weit weg vom Sprecher – und übertragen dadurch auch eine Menge Umgebungsgeräusche und Hall/Echos aus dem Raum.
Verwende lieber das Mikrofon von Kopfhörer/Headset/Airpods oder kaufe ein richtig gutes Mikrofon. Ich verwende das Yeti Blue Nano:
Yeti Blue Nano, ca. €100, aktuell ausverkauft bei Amazon, aber verfügbar bei Media Markt
Das verwendete Mikrofon wählt man bei Zoom links unten aus:
Teil 3: Bild
Kommen wir zu den laufenden Bildern der Video-Konferenz:
Tip 4: Kenne das Licht!
Hier spricht der Fotograf in mir: Will man ein gutes Bild machen dann geht es fast nur um das Licht. George Eastman, Gründer von Kodak, sagte: Light makes photography. Embrace light. Admire it. Love it. But above all, know light.
Und doch ist in fast jeder Videokonferenz immer mindestens ein Teilnehmer dabei, der das “Licht nicht kennt”. Wozu macht man eine Videokonferenz, wenn man nur einen Schattenumriß der Person sieht, die Gesichtszüge kaum erkennen kann oder das Gesicht so unvorteilhaft beleuchtet ist wie beim Imperator in Star Wars?
Am Ende möchte man doch einen guten Eindruck hinterlassen. Und dazu muss man sich um das Licht kümmern. Grundregel: Das Gesicht muss gut und direkt von vorne beleuchtet sein (maximal 45° von der Seite), während der Raum/Hintergrund weniger hell beleuchtet sein sollte. Auf keinen Fall sollte hinter oder neben der Person ein helles Fenster mit Tageslicht oder eine Lampe sein, weil das die Kamera dazu bringt die Belichtung runter zu regeln, und dann wird das Gesicht dunkel oder nicht mehr erkennbar.
Mit welcher dieser vier Personen würdest Du gerne eine einstündige Videokonferenz machen?
A: Unterbelichtet
B: Überbelichtet
C: Licht unausgeglichen
D: Beleuchtung mit Softbox von vorne
Alle 4 Aufnahmen wurden kurz nacheinander ohne Veränderungen am PC-Arbeitsplatz gemacht, ich habe nur das “Licht kontrolliert”.
A: Der Raum wird vom Tageslicht in den Fenstern sehr hell beleuchtet, vor vorne kommt gar kein Licht, das Bild ist unterbelichtet => Mein Gesicht und meine Mimik sind kaum zu erkennen.
B: Die Kamera hat das Gesicht halbwegs richtig belichtet => Dafür ist der Hintergrund jetzt so hell und überbelichtet, dass er den Betrachter blendet.
C: Eine Leuchte neben der Webcam gleicht den Helligkeitsunterschied aus => Mein Gesicht wird besser sichtbar aber noch nicht gut.
D: Ich habe das Rollo hinter der Webcam geöffnet und bei allen anderen Fenstern/Türen geschlossen => das große Fenster wirkt wie eine “Softbox” und die Person ist nun das “Zentrum des Bildes”.
Das Setup dafür sieht bei mir so aus:
Hinter dem Monitor ist ein großes (Nord-) Fenster, das ich für Video-Konferenzen öffne. Abends hilft wenn nötig die Foto-Leuchte hinter der Kamera, um mein Gesicht gut zu belichten:
Entscheidend ist aber, dass es fast immer ohne großen Material-Aufwand möglich sein sollte, eine gute Belichtung für den Sprecher zu realisieren. Eventuell muss man dafür den Arbeitsplatz auch um 90° oder 180° drehen. Einen besseren Eindruck hinterlässt man damit sicher.
Tip 5: Investiere in eine gute Kamera
Das ist im Moment vielleicht leichter gesagt als getan, weil Webcams vielerorts ausverkauft sind (zum Beispiel bei Amazon gibt es aktuell gar keine zu kaufen)…
Aber die Unterschiede in der Bildqualität sind riesig, wie man an den folgenden Vergleichsfotos sehen kann, die alle unter exakt gleichen Lichtbedingungen gemacht sind (anklicken zum Vergrößern!):
Ein Vergleich von Webcams mit der Sony RX-100 VI, einer kleinen Premium-Kamera (€900), mag spontan erstmal unfair erscheinen, aber wenn man die hochwertige Logitech Streamcam dagegen vergleicht (€150), dann sieht man, dass der Unterschied zwischen den beiden in diesem Anwendungsbereich nicht mehr sehr groß ist.
Die Microsoft Lifecam HD (€30, die zur Zeit einzige bei Mediamarkt lieferbare Webcam) ist klar schlechter als alle anderen Optionen, die kann man sich sparen. Die Bilder der eingebauten Kameras der hochwertigen Endgeräte (iPhone 11 Pro, Surface Book 2 und Razor Blade 15 Studio Notebook) sind akzeptabel. Diese drei Kameras gehören sicher auch zu den besseren eingebauten Kameras und fallen doch gegen Logitech und Sony deutlich ab.
Tip 6: Kamera auf Augenhöhe
Für die meisten Menschen ist es eher unvorteilhaft, wenn sie schräg von unten fotografiert oder gefilmt werden. Daher die Kamera möglichst auf Augenhöhe bringen (z.B. in dem man unter das Notebook ein paar große Bücher drunter legt).
Tip 7: Nicht rumlaufen mit Handy oder Tablett
Wenn man an einer Video-Konferenz mit dem Handy oder iPad teilnimmt, sollte man das Gerät nicht in der Hand halten und schon gar nicht damit herumlaufen. Der sich ständig verschiebende Hintergrund macht die anderen Teilnehmer kirre! Bitte fixiert aufstellen!
Teil 4: Verhalten
Tip 8: Sei zu früh da!
Versuche Dich 10 min vor dem eigentlichen Start der Konferenz einzuloggen, insbesondere wenn Du nicht täglich mit Video-Konferenzen arbeitest oder wenn Du eine neue Video-Plattform verwendest. Dann hast Du genügend Zeit falls nötig die Software herunterzuladen oder Dein Licht und das Mikrofon nochmal zu testen/einzurichten. Kaffee/Getränk holen, Pipibox, usw. Und dann kann’s pünktlich losgehen.
Tip 9: Jeder hat seinen eigenen Konferenzplatz
Bei einer Konferenz mit mehreren Personen sollte jede Person sich einzeln einwählen, nicht mehrere Personen an einer PC/Kamera-Station teilnehmen. Das ergibt sich zum Teil aus den o.g. Gründen und stellt dabei auch sicher, dass alle gleichberechtigt sind.
Tip 10: Schaue in die Kamera beim Sprechen
Wenn wir uns unterhalten sind wir gewöhnt, dass wir uns anschauen beim Sprechen. Gerade wenn Du in einer Videokonferenz sprichst, solltest Du dabei öfters in die Kamera schauen statt auf die Video-Bilder der anderen Teilnehmer (oder von Dir selbst), damit die anderen Teilnehmer sich angesprochen fühlen.
Tip: Ich verschiebe auf meinem Bildschirm das Zoom-Fenster mit den anderen Teilnehmern immer direkt an den oberen Bildschirmrand “unter” die Kamera, dann ergibt sich das in die Kamera schauen fast von alleine.
Tip 11: Check Deinen Hintergrund
Reden wir zum Schluss über Deinen Hintergrund: Du bist zwar zu Hause, in Jogginghose und T-Shirt, aber Du wirst gesehen! Und Dein Zuhause auch!
Wenn Du einen guten Eindruck machen willst, dann zieh Dich ordentlich an. Räume auf. Die virtuellen Hintergründe sind aus meiner Sicht nur ein Notnagel (und lassen auch alles an Individualität verschwinden, schade drum).
Aber man kann mit dem virtuellen Hintergrund lustige Sachen machen… Ich habe zum Beispiel jetzt immer jemanden, der mir bei Zoom-Konferenzen ein Wasser bringt.
Update 17.5.2020: Mikrofon-Ständer
Für das Mikrofon habe ich noch einen €34-Ständer beschafft, so gibt es weniger Nebengeräusche und das Mikrofon steht vor dem Monitor nicht im Weg.
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