(Fast) ein Jahr mit Starlink auf dem Dach (aus der Sicht einer Monitoring Software)

Im März 2021 erhielt ich als Teilnehmer des europäischen Beta-Programs von Starlink eine Bodenstation und habe sie auf meinem Hausdach installiert.

Nach dem Auspacken stellt man die Antenne einfach irgendwo hin, wo viel Himmel zu sehen ist, und sorgt für einen 230V-Anschluss. Nach wenigen Sekunden richtet sich die Antenne aus (siehe Video) und sucht nach Satelliten. Nach 1-2 Minuten steht der Internetzugang bereit (und manchmal richtet sich danach die Antenne selbständig etwas anders aus).

Sowas muss man doch überwachen!

Als Gründer einer Firma, die Network-Monitoring-Software verkauft, habe ich natürlich von Anfang die Performance dieser Internet-Anbindung überwacht. Eine Remote Probe meines PRTG Network Monitor von Paessler AG überwacht jede Minute mit verschiedenen Sensoren die Bandbreite und Qualität der Satelliten-Verbindung.

Jetzt liegen Monitoring-Daten von 10 Monaten vor, schauen wir doch mal rein, was man da rauslesen kann.

Der Test-Aufbau

Zusätzlich zur Starlink-Schüssel haben wir hier zwei kupfer-basierte Internetzugänge (Vodafone/Kabel-Internet/500 Mbit/s und Telekom/VDSL/50 Mbit/s), die an einem Unifi Dream Machine Router hängen, der unseren Internetzugang automatisch zwischen beiden hin&her schaltet, je nachdem welcher Zugang gerade schneller ist bzw. gestört ist (was übrigens großartig klappt!).

Die Frage ist: Könnte Starlink eine Alternative für einen der beiden Zugänge sein? Dafür müsste Starlink schneller und/oder stabiler laufen als einer der beiden anderen.

Wie stabil ist die Verbindung?

Ich verwende einen PING Sensor der alle 60 Sekunden 50 PINGs an den Server 1.1.1.1 (Cloudflare DNS Server) sendet und dann die Min/Avg/Max-Werte der Pingzeiten bestimmt und den Packet-Loss berechnet. Hier die Ergebnisse als tägliche Mittelwerte:

Starlink:

Vodafone:

Telekom:

Der Starlink-Zugang hat klar die stärkste Varianz der Werte, was sicher auch durch die ständige Bewegung der Satelliten und der Verfügbarkeit von Sensoren im sichtbaren Bereich des Himmels begründet ist. Der PING-Mittelwert schwankt zwischen 30 ms und 40 ms, Maximalwerte liegen bei 50 ms. Im September gab es wohl irgendwelche Probleme und seit Oktober haben sich die Mittelwerte eher auf 40 ms eingeschwungen. Es gibt einen ständigen Packet-Loss von 0,2-0,6%, der aber verschmerzbar ist.

Der Vodafone-Zugang zeigt klar die wünschenswertesten Eigenschaften: Er bietet in diesem Vergleich die beste Qualität für einen Internetzugang: Sehr konstante Pingzeiten (15 ms im Schnitt). Wir sehen vier Phasen mit Packetloss, in drei Fällen hatte ein Strom-an-aus am Kabel-Splitter und der Fritzbox das Problem behoben, einmal hat Vodafone das Problem in deren Netz behoben.

In dieser Betrachtung ist der Telekom-VDSL-Zugang hier das fragwürdigste Produkt: für einen kupferbasierten Zugang eine viel zu hohe Variabilität der Werte, und immer wieder Phasen mit Packet-Loss im Bereich 5-10%. Das ist richtig schlecht. Warum das so ist habe ich nicht weiter verfolgt.

Hier sind die Gesamtzahlen der letzten 10 Monate:

StarlinkVodafone/CableTelekom/VDSL
Avg. Ping Time36 ms16 ms22 ms
Avg. Minimum31 ms11 ms19 ms
Avg. Maximum46 ms24 ms39 ms
Avg. Packet Loss<1%<1%3%

Für Extrem-Gamer, die sehr kurze Ping-Zeiten brauchen, sind die beiden kabelgebundenen Zugänge mit 16 ms und 22 ms Pingzeit natürlich besser. Aber für alles andere dürfte man auch problemlos mit Starlink bei 36 ms klar kommen. Alternativ dürfte eine 4G/5G-Verbindung nur bei optimaler Verbindung hiermit konkurrieren können.

Man muss vorwegschicken: Die Messung der verfügbaren Bandbreite eines Internetzugangs ist immer eine problematische Aufgabe. Die folgenden Werte sollte man also nicht akademisch genau nehmen, sondern sie dienen eher zum Beobachten der Veränderung das Bandbreite über die Zeit.

Die folgende Grafik zeigt die Bandbreite, die ich mit einem HTTP-Sensor gemessen habe. Da wird alle paar Minuten eine 3 MB Datei aus meinem Blog (WordPress-CDN-Server) heruntergeladen. Aus der Ladezeit und Dateigröße kann man die verfügbare Bandbreite berechnen. Diese ist sicher kleiner als die tatsächlich verfügbare Bandbreite, aber gibt uns ein Mindestmaß dessen, was durch die Leitung geht.

Starlink liefert beeindruckend konstante 30 Mbit/s für diese Datei. Einzelne Speed-Messungen mit dem Google-Speed-Test haben immer wieder auch 100-120 Mbit/s geliefert, das dürfte wohl eher der reale Bandbreitenwert sein.

Zum Vergleich: Der 500 MBit/s Vodafone-Kabelanschluss ist mit Abstand am schnellsten (80 Mbit/s), und auch am stabilsten. Der Telekom/VSDL-Anschluss lag lange bei knapp einem 8-tel (10 Mbit/s), wird aber seit November stetig schneller. Ende Dezember habe ich die Hardware des VDSL-Probe-PCs ausgetauscht, seit dem liefert der Sensor den Nenn-Wert der Leitung mit 50 Mbit/s. Die Daten von vorher und nachher sind also kaum vergleichbar.

Fazit: Insgesamt zeigt Starlink hier eine beeindruckend konstante Leistung.

Wie ist die Verfügbarkeit?

Nachdem sich Starlink bis hierher gut geschlagen hat, kommt jetzt ein kleiner Wermuts-Tropfen. Wenn ich die Verfügbarkeit der 3 Zugänge daran messe, wie viele Tage/Stunden zwischen dem 1.7.2021 und 1.1.2022 Daten gesammelt wurden (d.h. der Internetzugang war aktiv), dann kommt das hier raus:

Monitoring-Zeit in 6 Monaten (184 Tage 1.7.21 bis 1.1.22)Uptime
Starlink174d 18h 24m 54s94.982%
Vodafone/Cable183d 01h 05m 17s99.481%
Telekom/VDSL183d 00h 57m 42s99.478%
Internet Access over load balanced Cable/DSL183d 21h 02m 43s99.933%

Während die beiden kabelbasierten Interzugänge auf 99,5% Verfügbarkeit kommen, was wohl nicht schlecht ist für Consumer-grade Technik, schafft Starlink nur 95%. ABER: Dieser Messwert liegt viel zu niedrig, denn: Die Zeitlöcher sind alle immer dann entstanden, wenn der Rechner mit der PRTG-Probe die Verbindung verloren hatte. Sobald man dessen Strom ein/aus geschaltet hat, ging es sofort wieder weiter. Ob es sich hier um ein Starlink-spezifisches Problem handelt habe ich (noch) nicht weiter erforscht, wenn der Zugang klemmt starte ich z.Zt. per smart-Steckdose den Probe Rechner manuell.

Was man aber in der Tabelle auch sieht: Mit dem automatisch zwischen Vodafone und Telekom umschaltenden Internetzugang erreichen wie hier “three nines”, mehr als 99,9% Verfügbarkeit auf der Basis von zwei kostengünstigen Consumer-Internetzugängen (73 Euro/Monat und 63 Euro/Monat)! Sowas ist sonst viel teurer. Für so eine Backup-Funktion wie die bei uns die Telekom-Leitung könnte Starlink tatsächlich geeignet sein.

Weil sich bei starkem Regen Millionen kleine Regentropfen als Dipole zwischen dem Satelliten und der Antenne befinden, könnte man erwarten, dass die Übertragungs-Geschwindigkeit bei Regen sinkt. Und das kann man durchaus aus den folgenden Graphen rauslesen (markierte Zeiträume), insbesondere bei Starkregen-Ereignissen wie am 22.8., 28.8., 12.10., 21.10. oder 28.12. (Schneefall). Aber eben auch nicht immer, es gibt auch viele stärkere Regenereignisse, bei denen keine Absenkung der Bandbreite sichtbar ist. In den meisten Fällen liegen die wetterbedingten Schwankung unterhalb dessen, was sonst an Schwankungen der Bandbreite vorhanden ist.

Einen Zusammenhang mit Wind oder Temperatur kann man sonst übrigens nicht finden. Außer am 17.2.2022 — als der stärkste Wind des Jahres (50-80 km/h in Böen) die Antenne auf meinem Dach umgeworfen hat.

Über die Gesamtzeit betrachtet zeigt Starlink auch in dieser Wetter-Betrachtung, dass es als Alltags-Internetzugang durchaus mit einem einfachen kupfer-baiserten Internet-Zugang mithalten kann.

Fazit

Klare Sache, hier an unserem Standort in der Stadt bleibt der Vodafone-Kabel-Anschluss unser primärer Internetzugang. Schnell, stabil. Aber erst mit einer zweiten Leitung und einer automatischen Umschaltung erreiche ich den Punkt (>99,9% Verfügbarkeit), dass ich mich nicht mehr um den Zugang kümmern muss und keinen Stress mit den anderen Einwohnern habe (“Women’s Acceptance Factor”, “Teenager-Alarm”).

Die Daten des Telekom-Zugangs haben mich ehrlich gesagt negativ überrascht, dass es so schlechte um diesen Zugang bestellt ist, war mir nicht klar. Vielleicht schalte ich wirklich auf Starlink als Backup-Leitung um, sobald ich das mit den Stotterern geklärt habe.

Wenn man aber irgendwo wohnt, wo es weder schnelles VDSL noch schnellen Kabelanschluss gibt (sowas soll es ja auch in Deutschland noch hier und da geben, hust), dann ist Starlink wirklich eine sehr ernstzunehmende Alternative. Kostet zwar mit 99 Euro ca. 30% mehr als mein Vodafone-Zugang, aber das scheint es mir wert zu sein.

Author: Dirk Paessler

CEO Carbon Drawdown Initiative -- VP Negative Emissions Platform -- Founder and Chairman Paessler AG