Anlässlich von 24-hours-of-reality, einer Aktion mit dem Ziel das Wissen um den Klimawandel weiter zu verbreiten, habe ich bei einer Veranstaltung bei der Paessler AG einen Vortrag gehalten, bei dem ich über die folgenden zehn interessanten Aspekte des Klimawandels berichtet habe.
Die wärmsten 5 Jahre waren die letzten 5 Jahre (2015-2019)
Starten wir mit einer aktuellen schlechten Nachricht: Bereits mit den Daten bis Oktober 2019 ist klar, dass 2019 das zweit-wärmste Jahr der Datenaufzeichnung sein wird und damit die letzten 5 Jahre die 5 wärmsten Jahre in den Aufzeichnungen sind.

Was passiert denn da? Wir erleben hier die Auswirkungen des Klimawandels, den wir Menschen ausgelöst haben.
Fast 80% das Treibhaus-Effekts kommen vom Wasserdampf (und nicht vom CO₂)
Das Gas in der Atmosphäre, das den stärksten Anteil am Treibhaus-Effekt hat, ist Wasserdampf (Quelle). Aber warum reden dann alle (fast) nur vom CO2?
Nun, wir haben ja nicht mehr Wasser in die Atmosphäre gepackt. Aber der Anteil an Wasserdampf in der Luft ist abhängig ist von der Temperatur. Und wenn ein anderes Treibhausgas wie das CO2, auch wenn es einen viel kleineren Beitrag leistet, die Lufttemperaturen erhöht, ergibt sich mehr Wasserdampf in der Atmosphäre und damit eine Verstärkung des Treibhaus-Effekts.
Die Hälfte des in der Atmosphäre vorhandenen CO₂ kommt von uns
Seit dem 19. Jahrhundert ist die Konzentration von CO2 in der Atmosphäre von um 280 ppm (parts-per-million) auf über 400 ppm angestiegen – und dies verursacht maßgeblich die Klimaerwärmung. Dieser Anstieg ist eindeutig maßgeblich auf unser Verbrennen von Kohle, Öl und Gas zurückzuführen. Denn wir können mit Hilfe von Kohlenstoff-Isotopen messen, dass sage-und-schreibe 40-50% des Kohlenstoffs in der Luft aus fossilen Kohlenstoff-Quellen kommt und keine natürliche Erscheinung sind.
Wie? Weil sich die Mischung der drei natürlich vorkommenden Kohlenstoff-Isotope C-12 (“normaler Kohlenstoff”), C-13 und C-14 in der Luft seit 1850 verändert haben. C-14 entsteht ganz natürlich aus N-14 Stickstoff durch kosmische Strahlung, die in der oberen Atmosphäre mit dem Luft-Stickstoff reagiert. Danach zerfällt das C-14 mit einer Halbwertszeit von 5.700 Jahren wieder zu Stickstoff. Dieser Prozess verursachte bisher einen konstanten Anteil von C-14 in der Atmosphäre und damit auch in allen Pflanzen und Tieren (siehe Radiocarbon-Methode). Jetzt verbrennen wir aber jedes Jahr Gigatonnen von fossilen Brennstoffen, deren C-14 Anteil über Millionen Jahre Lagerzeit komplett zerfallen ist, also aus reinem C-12 besteht und damit verändert sich das Mengen-Verhältnis von C-12 und C-14 in der Atmosphäre (siehe Süß-Effekt).
Quellen:
- How do we know that recent CO2 increases are due to human activities?
- How much of the recent CO2 increase is due to human activities?
- Is the airborne fraction of anthropogenic CO2 emissions increasing? Knorr 2009
- The relationship between peak warming and cumulative CO2 emissions, and its use to quantify vulnerabilities in the carbon–climate–human system, Raupach 2010
Die Erd-Erwärmung ist quasi linear an die CO₂-Konzentration in der Atmosphäre gekoppelt
Die Erderwärmung ist an die kumulierte also über viele Jahrzehnte gesammelte Menge des von uns ausgestossenen CO2 gekoppelt. Auch wenn die tatsächlichen Zusammenhänge viel komplizierter sind, kann man vereinfachend sagen, dass sich die Erderwärmung direkt abhängig vom weiteren CO2-Ausstoß der Menschheit weiterentwickeln wird (Quelle).
Dabei ist es egal ob wir 10 Jahre lang jedes Jahr 40 Gigatonnen oder 20 Jahre lang jedes Jahr 20 Gigatonnen ausstossen. Die sich Erwärmung durch die 400 Gigatonnen CO2 bleibt die Gleiche.
Daraus ergibt sich direkt der nächste Fakt:
Die Erwärmung der Erde wird erst stoppen, wenn wir kein neues CO₂ mehr ausstossen
Erst wenn wir kein zusätzliches CO2 mehr in die Atmosphäre einbringen, wird die Erderwärmung aufhören. Egal ob die Erderwärmung bis dahin bei 1,5°C, 2°C oder 3°C angekommen ist (Quelle 1, Quelle 2).
Die Erderwärmung auf 1,5°C zu begrenzen ist praktisch unmöglich
Wir sind schon bei +1°C. Alle 10 Jahre kommen +0,2°C Erwärmung dazu. Weil die Menschheit es nicht schaffen wird/kann, bis 2050 bei Null-Emissionen anzukommen, werden wir das selbst-gesteckte Paris-Ziel von “deutlich unter 2°C” krachend verfehlen. Klima-Experte Glen Peters schreibt: “This means that 1.5°C warming is practically unavoidable” (Quelle).
Nur “Einsparungen” reichen nicht
Von einem Benzin-Auto auf ein Hybrid-Auto umzusteigen spart zwar CO2 ein, aber da hinten kommt immer noch CO2 raus! Ein Haus zu isolieren und damit 30% weniger Öl in der Heizung zu verbrennen spart auch CO2. Aber es wird immer noch Öl verbrannt.
Der Ausstoß muss aber auf null absinken. Solange wir noch irgendwo Benzin, Gas oder Kohle verbrennen, geht die Erwärmung weiter.
Der Verbrennungsmotor muss also durch einen Elektromotor ersetzt werden und die Ölheizung durch eine Wärmepumpe – beides betrieben mit grünem Strom. Wir müssen unsere gesamte Energiewirtschaft auf elektrische Energie umstellen.
Falls jemand das Thema Aufforsten vorschlagen möchte: Es reicht auch nicht mehr aus Milliarden von Bäumen zu pflanzen (Quelle)!
Natürlich müssen wir Energiesparen und Bäumepflanzen unbedingt angehen. Aber beides verzögert die Erwärmung nur – und stoppt sie nicht.
Können wir das CO2 einfangen?
Es gibt Technologien, mit denen man das CO2 z.B. aus dem Abgas von Kohle- oder Gaskraftwerken herausfiltern kann. Aber diese sind teuer und verbrauchen selber zusätzliche Energie. Und die beim Erschließen und Fördern der Brennstoffe entstehenden erheblichen Treibhausgase sind damit nicht eingefangen (Quelle). Das ist also keine Lösung. Dabei werden sich Wind und Sonne sowieso durchsetzen weil deren Kosten weiterhin sinken werden, während die Kosten für fossile Energien beständig steigen werden. Keiner wird diesen Strom kaufen wollen, weil die regenerativen Energien beständig billiger werden und zum Teil schon billiger sind (Quelle).
Um das Klima zu retten werden wir – da sind sich die Wissenschaftler einig – CO2 direkt aus der Luft holen müssen. Das nennt man dann Direct Air Capture und negative Emissionen. Das wird ein gigantischer Aufwand sein, es geht um viele Gigatonnen, also viele Milliarden Tonnen, die wir jedes Jahr einfangen müssen (Quelle)!
Aber das macht nur Sinn, wenn wir auch erfolgreich weniger ausstoßen.
Auch wenn Du alles richtig machst, hast Du noch einen CO2-Fußabdruck
Auch wenn man vegan lebt, sein Haus grün beheizt, Tesla, Fahrrad und ÖPNV fährt – Man verursacht als Mensch immer noch einen CO2 Ausstoß, weil alle Produkte und Dienstleistungen, die man zum Leben benötigt, sowie die Gesellschaft um uns herum auf Öl, Gas und Kohle beruhen.
Für den Einzelnen ist es bei den alltäglichen Konsumentscheidungen praktisch unmöglich, den CO2-Abdruck eines Produkts zu erkennen – und damit “für-das-Klima” einzukaufen.
Wer kann im Gemüseladen beurteilen, ob eine weitgereiste Freiland-Tomate aus Spanien besser für das Klima ist als die daneben angebotene Gewächshaus-Tomate aus dem Knoblauchsland? Meistens ist die spanische Tomate die bessere Wahl, aber stimmt das auch (Quelle)?
Der gesamte Energiebedarf der Menschen kann mit Sonne&Wind mehr als gedeckt werden
Mehr als 80% unseres Energieverbrauchs bestreiten wir Menschen mit fossilen Energieträgern. Diese müssen wir komplett ersetzen. Und das wird mit Solar- und Windenergie passieren müssen.
Und das ist möglich! Der gesamte Bedarf an Energie der gesamten Menschheit kann mit Solar und Windenergie bedient werden … und wir nutzen bisher kaum 1% dieses Potentials (Quelle).
Hier noch die Kurve zu kriegen ist für uns Menschen also möglich!

Die hellgrünen Kästchen zeigen, welche Fläche nötig wäre, um die ganze Welt mit Solar-Energie zu versorgen, komplett ohne fossile Energieträger. Insgesamt etwas mehr als die Fläche von Deutschland.
Das kleine Kästchen in der Sahara reicht für ganz Europa und Nord-Afrika.
Natürlich würde man die Anlagen nicht wie hier gezeigt bündeln, sondern z.B. bestehende Gebäude und Dächer nutzen. Und außerdem wir haben ja auch noch den Wind!
Ich gebe zu, es ist spontan schwer vorstellbar, dass wir so viele Solarzellen bauen. Der zentrale Punkt ist, dass es keine Alternative dazu gibt, auf regenerative Energiequellen umzusteigen – das sagt uns die Wissenschaft.
Aber die Entwicklung der PV-Module vollzieht sich ähnlich exponentiell (“Swanson’s Law”, Quelle) wie die Entwicklung der Prozessorleistungen bei den Computern (“Moore’s Law“). Und ähnliche exponentielle Effekte gibt es bei Akkus und Windkraft genauso… Damit werden diese Pläne über 20-50 Jahre tatsächlich machbar!
Lerne und werde aktiv!
Es ist toll wenn wir versuchen “richtig” zu leben. Aber auch wenn wir ganz viele konsequente Konsumentscheidungen für das Klima treffen oder sogar eure Lebensweise verändern, sind wir noch nicht “fertig”.
Denn das Klima retten wir damit nicht. Unsere Konsum-Entscheidungen haben nicht genügend Kraft, um die großen CO2-Quellen wie Energie, Industrie und Verkehr genügend zu verändern. Das Klima werden wir nur retten, wenn Politiker, Staaten und Regierungen Weichenstellungen vornehmen, um den CO2-Verbrauch von allen zu lenken. Sodass jeder CO2 spart, ob er will oder nicht.
Voraussetzung ist, dass möglichst viele Bürger um die Zusammenhänge des Klimawandels wissen und verstehen, warum die Veränderungen nötig sind.
Das Wichtigste was Du also tun kannst: Lerne und verstehe den Klimawandel! Werde aktiv! Erkläre anderen die Zusammenhänge! Und bei der nächsten Wahl: Bitte gehe wählen!
Tip: Ausbildung zum “Klima-Versteher”
Der Klimaforscher Michael Mann bietet einen kostenlosen Online-Studiengang an (auf Englisch), den ich in den letzten Monaten absolviert habe. Besteht maßgeblich aus Video-Lektionen und geht über 8 Wochen mit ca. 3-5h Zeitaufwand pro Woche. Kann ich sehr empfehlen!

Hier geht’s los: https://edx.org/course/climate-change-the-science-and-global-impact
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